Bildung? Bildung, aber richtig!

Bildung? Bildung, aber richtig!

In der heutigen Bildungslandschaft scheint das Ziel zu sein: Möglichst viel, möglichst schnell. Und alles auch noch kostenlos.

Dieses beginnt bereits bei Frühkinderschwimmen. Hier sollen die Kinder (? wohl eher Babys!) bereits den Umgang mit Wasser lernen und erste Schwimmzüge machen. Im Kindergarten werden bereits Sprachkurse angeboten. In der Grundschule ist es häufig bereits Regelunterricht, wobei zusätzliche Sprachen als freiwillige Kurse auch schon angeboten werden.

Hallo? Wann dürfen die Kinder denn ihre Erfahrungen endlich einmal selbst machen? Selbst heißt: unbeaufsichtigt, draußen, Schrammen an den Knien, sich dreckig machen. So wie wir „Alten“ es erfahren haben und es uns durchaus genützt hat. Das geht natürlich nur, wenn die Freizeit für die Kinder auch vorhanden ist und nicht durch diverse Kurse der Nachmittag voll bzw. übervoll ist. Und wenn die Kinder dann auch noch Sport  (z.B. Fußball) toll finden, ist auch das Wochenende noch mit Spielen belegt, bei denen dann genervte Eltern einen Teil ihrer eigenen Freizeit verbringen dürfen.

Kind sein, heißt für mich, die Zeit frei einteilen (o.k. Schule muss wohl sein, aber dann . . .), spielen, spielen, spielen. Und das draußen, in der Natur, auf der Straße, im nächsten Park, allein oder mit Freunden. Und nicht zuhause, allein, mit dem Smartphone, Computer, X-Box, WII oder TV.

Sozialisierung geht schließlich nur mit Anderen und nicht ohne sie. Irgendwann in der Zukunft wird das Kind (hoffentlich) merken, dass es nicht ohne andere Personen auskommen kann. Daher muss es mit diesen Erfahrungen machen, sich austauschen, Niederlagen und Siege erleben und ertragen. Je früher dieses passiert, um so seltener wird es in seinem späteren Leben auf einer ICH-Fixiertheit bestehen, sondern auch für Andere da sein, selbst wenn daraus kein unmittelbarer Vorteil entspringt.

Ob das durchorganisierte DDR-Bildungssystem zu den Ausprägungen PEGIDA und auch AfD geführt hat, bleibt zu untersuchen. Hier ist auf jeden Fall festzustellen, dass die häufigste Diskussionen immer mit „. . . und was habe ich davon“ bzw. „mir hat auch keiner geholfen“ und „die da oben tun nichts für mich“ im Zusammenhang stehen.
Die Arbeit, Bildung usw. im Kollektiv, verbunden mit Kontrolle, Angst und Unterordnung hat m.E. nach der Selbstbefreiung zu Erwartungen geführt, die niemand erfüllen konnte und die zu einem innerlichen Rückzug auf die kleinste Einheit, das ICH, führten.

Diesem gilt es bei der Bildung entgegenzuwirken. Unterricht muss anwendungsorientiert sein. Die Frage „und wozu brauche ich es später“ sollte erlaubt sein und auch gefördert werden. Dazu gehört natürlich auch eine Änderung in der Lehrerausbildung. Klar, Lesen, Schreiben, Rechnen sind Grundvoraussetzungen und müssen vermittelt werden. Aber gleich danach müssen die Kreativitäts-Fächer: Kunst, Musik und Sport stehen. HSU (Heimat- und Sachkunde) ist nett, aber nur wenn es auf der Erfahrung der Kinder beruht. Dazu müssen diese aber auch die Erfahrung machen können. „Raus aus dem Klassenzimmer!“ sollte viel mehr praktiziert werden, eigentlich der Regelfall sein.

Weiterführende Schulen versuchen in darauffolgenden 5-8(9) Jahren den Lehrplan abzuarbeiten, um die Jugendlichen schnell dem weiteren Bildungs- und Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen.

Sehr gelungen finde ich die Bildungskritik von Harald Lesch auf youtube, bei der er u.a. die mangelnde Sozialerfahrung bemängelt und die Einführung eines Pflicht-Sozialjahres ab dem 16.Lebensjahr vorschlägt, um danach die Schulbildung (wohl: anzustrebende Hochschulreife) fortzusetzen.

Aber hierzu müsste es wohl Bildungpolitiker geben, die erkennen, dass an dieser Stelle der Förderalismus versagt hat und zu einer „Kleinstaaten-Lösung“ wie im 19. Jahrhundert geführt hat. Nur ein zentrales Bildungssystem kann auch kreativ und verantwortlich mit den Herausforderungen umgehen und dann Dummheiten wie „Bologna“ im Interesse der Kinder und Jugendlichen revidieren.

Schließlich gilt immer noch der Ausspruch von Seneca: „Non vitae, sed scholae discimus“ *) (Nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen wir). Nein, der Auspruch lautet nicht umgekehrt, wie uns Generationen von Lehrern weismachen wollten. Seine Kritik am Schulsystem ist fast 2.000 Jahre her, aber immer noch aktuell!

*) Der Gesamtzusammenhang bei Wikipedia

 

 

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